Sanyang
Werksbesuch in Taiwan

Alle 23 Sekunden ein Roller

Dann betreten wir die Werkshalle. Die erste Überraschung: man sieht kaum Arbeiter in der riesigen Halle. Die zweite sind die Mengen an Teilen, die überall gestapelt sind: Zylinder, Pleuel, Nockenwellen, Ventilfedern. Ansonsten sieht alles so aus wie bei anderen Herstellern. An den Produktionsbändern stehen Männer und Frauen – viele aus Vietnam – die die Einzelteile zu Komponenten und schließlich zu fertigen Rollern zusammensetzten. „Etwa 2000 Roller werden durchschnittlich täglich produziert”, erklärt Shawn Hsieh von der Marketing-Abteilung. „In Spitzenzeiten rollt alle 23 Sekunden ein Roller vom Band.” Gerade sind es Jet-X-Fuffis in Rot und Blau, die auf dem einen Fertigungsband stehen, auf dem zweiten Band legen die Arbeiter Hand an die SB 250Ni Wolf, SYMs aktuelles Einsteiger-Motorrad, das auch für den deutschen Markt produziert wird. Die großen Maxi-Roller wie der Maxsym 400 ABS werden in einer Nebenhalle für den Export nach Europa vorbereitet. Eine Lieferung für Österreich ist bereits in Kisten verpackt und in Container verladen. 60 Prozent der für den Export vorgesehenen Fahrzeuge gehen nach Europa, im letzten Jahr waren es 2500 für Deutschland und 14000 für Italien.

Bei Sanyang werden übrigens nicht nur SYM-Roller produziert, das Unternehmen fertigt auch im Auftrag anderer Unternehmen, zum Beispiel für Peugeot den Großrad-Scooter LXR oder für den ATV-Spezialisten BRP das Can-Am DS 250. In einer benachbarten Werkshalle, in der Autos und Busse gebaut werden, setzt ein Teil der 2100 Mann starken Belegschaft momentan den Hyundai- Geländewagen ix35 zusammen. Weitere Produktionsstätten besitzt Sanyang übrigens auf dem chinesischen Festland und in Vietnam, wo neben Motoren ebenfalls komplette Fahrzeuge produziert werden.

Auf dem Weg von der einen in die andere Fabrikhalle fallen abermals die Massen von abgestellten Rollern auf, so als wolle sie keiner haben. Dabei werden die Roller ständig aus einer 10000 Fahrzeuge fassenden Lagerhalle auf LKW verladen, um sie zu den Händlern im ganzen Land zu bringen, wobei man sich das Händlernetz in Taiwan anders vorstellen muss als in Deutschland. Es besteht fast ausschließlich aus Werkstätten, die nebenbei die Roller verkaufen. Einen größeren SYM-Händler gibt es in Taipei, der auch einen Ausstellungsraum besitzt. Das sei aber die Ausnahme, sagt man uns. 6000 Roller verkauft dieser Händler im Jahr, fast ausschließlich sportliche Fahrzeuge, die großen GTS oder der Maxsym 400 seien für die Verkehrsverhältnisse in Taipei eher ungeeignet.

Zum Abschluss meines Besuchs bei Sanyang dürfen wir noch einen Blick in die R&D-Abteilung für Entwicklung und Erprobung werfen – Fotografieren ist verboten. Aber fragen darf ich: z.B. ob es Absicht sei, dass einige SYM-Modelle für den europäischen Markt ähnlich aussähen wie prominente Roller der Konkurrenz – der Maxsym 400 etwa wie ein Suzuki Burgman. „Ja”, antwortet ganz selbstverständlich und ohne schlechtes Gewissen der Produktmanager. Man orientiere sich am Besten, was der Markt zu bieten habe, dorthin wolle auch SYM mit seinen Roller-Produkten.

N. Meiszies