Honda Integra 700i
Honda Integra 700i

Bei Wind und Wetter

Im Gegensatz zur Anfahrt gibt es hier im Gard viel mehr Anlaufpunkte, es wird deutlich häufiger angehalten, um sich etwas anzuschauen. Dabei geht das Aufbocken auf den serienmäßigen Hauptständer ziemlich leicht von der Hand, nur das Auf- und Absitzen verlangt gewisse turnerische Fähigkeiten – das Bein muss in Motorradmanier über die sehr hohe Sitzbank geschwungen werden.

Nach dem letzten Absitzen ist Schluss für den Tag und der Integra wird für die Nacht auf einem abgeschlossenen Parkplatz untergebracht. Jetzt stehen die täglichen Pflegearbeit an: Die Ölkontrolle geschieht sauber und einfach per Peilstab am rechten Motordeckel, die Antriebskette muss geschmiert und gegebenenfalls nachgespannt werden – das ist bei einem Roller nicht nötig. Schloss und Kettenspray logieren zusammen mit ein paar Ersatz-Handschuhen im kleinen 15-l-Staufach unter dem Sitz, das für einen eher kleinen Jethelm geschaffen wurde und die 12V-Bordsteckdose beheimatet. Dass dieses Fach über ein separates Schloss an der Seite geöffnet werden muss, erscheint angesichts der durchdachten Integra-Konstruktion unschicklich. Ebenfalls serienmäßig ist ein sehr kleines Klappfach an der linken Seite der vorderen Verkleidung, das leider nicht unwetterdicht schließt.

Für einen halbwegs akzeptablen Stauraum kommt man also um ein optionales Topcase in Fahrzeugfarbe wahlweise mit 35 oder 40 Liter Volumen (368 Euro, unlackiert / 562 Euro, Deckel in Fahrzeugfarbe) nicht herum. Schnell und einfach abschließ- und vom eingebauten Gepäckträger abnehmbar, lässt es sich am praktischen Bügel transportieren, nimmt die benötigten Utensilien für eine Person auf oder bietet einem Integralhelm Platz. Den Orden Pour le Mérite verdiente es sich einerseits durch die harmonische Einpassung in die Fahrzeuglinie – viele andere Heckbehältnisse stören die Silhouette nachhaltig, beim Integra betont es die futuristische Gestaltung sogar. Andererseits überzeugte seine Resistenz gegen heftigste französische Regenattacken – das Innenleben blieb zur Freude der Besitzer stets trocken. Als Stauraum- Alternative führt Honda sogar Seitenkoffer im Programm – ein Novum bei Rollern –, die jedoch die Baubreite erhöhen und mit je 29 Liter nur ein begrenztes Zusatz-Volumen anbieten.

Angesichts des erstaunlich günstigen Basispreises von 7990 Euro – die Maxiroller- Konkurrenz von Suzuki, Yamaha und BMW kostet allesamt fünfstellige Summen – erfreut das hohe Qualitätsniveau von Verarbeitung wie Komponenten. Zugeständnisse an den Preis sind teilweise simple Lösungen wie der Kettenspannmechanismus, fehlende Einstellmöglichkeiten der Handbremshebel und das recht ärmlich bestückte Cockpit, dem mindestens eine Temperaturanzeige für Kühlmittel und Umgebungsluft fehlt. Als letzten Beweis für das gelungene Konzept des Integra mag der Nonstop-Rücksturz aus dem Gard ins Rheinland gelten, der keine Schwielen am Hintern hinterließ und nach dem der Fahrer nicht vom Bock gehievt werden musste. Somit kann es einem herzlich egal sein, ob es die oder der heißt, ob l’Integra als fahraktiver Scooter oder als bequemes Automatikmotorrad zu gelten hat – so lange die Qualitäten für das vergleichsweise kleine Geld von 7990 Euro ein solches Niveau aufweisen.

Thilo Kozik